28.09.2017

Patchwork-Familie: Getrennt leben, aber zusammen reisen.

Mama, Papa, Kind? Dieses klassische Idealbild war einmal. Laut Statistischem Bundesamt wächst jedes vierte Kind in alternativen Lebensformen auf – Alleinerziehende ebenso wie Patchwork-Familien. Und was bedeutet das für den Urlaub, das Reisen – für die Auszeit als Familie? Ein persönlicher Blick in den Reisealltag von Janina von Bärti muss mit zeigt, warum das Reisen mit dem Ex-Partner auch trotz Trennung gut funktionieren kann. Plus: Worauf es bei der richtigen Reiseversicherung ankommt.

Reisen mit dem Ex-Partner und Kind

Wir laufen gemeinsam durch Kyoto in Richtung Tempel. Unzählige Stufen auf einen Berg herauf. Hinter mir drängeln die Touristen. Vor mir schlängeln sich zwei mir mehr bekannte Menschen die Strecke hoch. Hand in Hand. Drehen sich immer wieder um und lachen.

Ohne Vorwarnung platzt es aus Max plötzlich heraus. „Papa, könntest Du Mama vielleicht wieder befruchten? Wir wollen doch so gerne noch ein Baby.“ Ich muss lachen, aber auch schlucken. Denn die Antwort ist klar: Ganz sicher nein. Denn was hier aussieht wie die perfekte Familienidylle, ist lange her. Mittlerweile sogar schon mehr als fünf Jahre. Damals hatten Max’ Papa und ich uns getrennt. Weil es nicht funktionierte, weil es nicht zusammen passte. Zu einem Zeitpunkt, an dem wir beide noch Respekt voreinander hatten.

Immer zu zweit, manchmal zu dritt unterwegs.

Früher waren wir viel unterwegs, auch in der Elternzeit. In einem alten Wohnmobil einmal quer durch Europa, mit Kinderwagen und Surfbrettern im Gepäck. Ein paar Jahre später, eine ähnliche Idee. Doch dieses Mal in einer anderen Konstellation – nur noch als Eltern. Mit denselben Plänen im Kopf doch getrennten Rucksäcken auf dem Rücken reisten wir gemeinsam zwei Monate lang durch Asien.

Natürlich ist das nicht immer einfach: Eine einigermaßen funktionierende Freundschaft zwischen den Eltern aufrecht zu erhalten, anfangs und auch später. Und dennoch lohnt sich die harte Arbeit. Zum Wohle des Kindes, wie es im Beamtendeutsch heißen würde. Zum Wohle der Seelen, trifft es wahrscheinlich besser.

Zum Surfen auf Bali…

Kurz nach seinem fünften Geburtstag 2016 sind wir ohne Papa auf unserer Weltreise gestartet. Und sind mittlerweile schon ein ganzes Jahr unterwegs. Sicher gibt es Momente, in denen Max seinen Papa vermisst und umgekehrt. Dank Skype und Co. allerdings leicht zu lösen. Und durch freiberufliches Arbeiten und ausgeprägte Reiselust von Max’ Papa auch noch in diverse Besuche ausbaufähig.

So wie auf Bali, dem ersten Stopp auf unserer Weltreise. Nach vier Monaten Ankommen und Eingewöhnung für uns zwei, erkundeten wir für vier Wochen mit Max’ Papa Indonesien. Wieder als Familie: „Männergespräche“ und Papa-Sohn-Surf-Sessions inklusive. Zeit für die Beiden. Zeit für uns drei. Ab und zu knallt es natürlich auch mal richtig. Immerhin sind wir getrennt. Haben unterschiedliche Ansichten, unterschiedliche Bedürfnisse – und immer mehr unterschiedliche Leben. Das auf engem Raum zu kombinieren, muss manchmal einfach eskalieren. Um es danach wieder neu auszurichten. Und zu erkennen, um wen es in solchen Momenten eigentlich geht. Um Max. Und die Möglichkeit seine Eltern trotz Trennung ab und zu gemeinsam zu haben. Auf der ganzen Welt.

…und Sushi essen in Japan

Kurz vor seinem Sechsten Geburtstag in ein paar Tagen, ist er spontan wieder mit dazu gekommen. Für drei Wochen. Um gemeinsam mit uns zu reisen: Einmal quer durch Japan, zwischen Sushi, Tempel und Shinkansen. Das Abenteuer für die zwei ist gleichzeitig jedes Mal auch Abwechslung für mich. Auch wenn der Abschied danach schwer fallen wird, es ist ja nur die Welt. Und eigentlich nur ein paar Flugstunden, die zwischen den Beiden liegen. Keine Entfernung, die die Verbindung jemals trennen könnte.

Wir sind im Tempel angekommen. Jetzt sitze ich vorne und blicke auf die Buddha Statue, Kerzen, Gebetsfahnen. Und bin dankbar, für all das, was wir erleben. Und all das, was wir momentan teilen können. Dass wir uns trotz schwieriger Phasen und unterschiedlicher Meinungen immer noch miteinander, anstatt über Anwälte unterhalten können. Und Max seit fast sechs Jahren die Chance geben in ein einer heilen Welt aufzuwachsen. Die zwar vielleicht anders ist als die Norm, deswegen aber nicht unbedingt schlechter. Denn immerhin sind wir gerade zu dritt hier – in Japan. Und laufen gemeinsam durch Kyoto. Zwei von uns sogar Hand in Hand.


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